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Sättigung
Betrachtet man einen Verdunstungsvorgang bei konstanter Temperatur und anfangs trockener Luft, so stellt sich die der Temperatur entsprechende Verdunstungsrate ein, während die Kondensationsrate mangels Wassermolekülen in der Luft zunächst gleich Null ist. Die Verdunstungsrate ist also größer als die Kondensationsrate, und die Anzahl von Wassermolekülen in der Luft steigt daher an. Damit wächst auch die Kondensationsrate, und die Nettoverdunstung (Verdunstungsrate minus Kondensationsrate) beginnt zu sinken. Die Dichte der Wassermoleküle in der Luft und damit die Kondensationsrate steigen so lange an, bis Kondensationsrate und Verdunstungsrate gleich sind, pro Zeiteinheit also ebenso viele Wassermoleküle vom Wasser in die Luft übertreten wie von der Luft ins Wasser. Dann ist der Gleichgewichtszustand erreicht, in dem die Nettoverdunstung null ist, obwohl ein ständiger Teilchenaustausch zwischen Luft und Wasser stattfindet.
Die im Gleichgewichtszustand vorliegende Konzentration von Wassermolekülen in der Luft ist die Sättigungskonzentration. Steigt die Temperatur, wird sich auch eine höhere Sättigungskonzentration einstellen, da die nun ebenfalls erhöhte Verdunstungsrate zur Erreichung eines neuen Gleichgewichts durch eine höhere Kondensationsrate wieder kompensiert werden muss, was eine höhere Teilchendichte in der Luft voraussetzt. Die Sättigungskonzentration hängt also von der Temperatur ab.
Die Sättigungskonzentration wird fast allein durch die Eigenschaften der Wassermoleküle und ihre Wechselwirkung mit der Wasseroberfläche bestimmt, es besteht keine wesentliche Wechselwirkung mit den anderen Atmosphärengasen. Wären jene Gase nicht vorhanden, so würde sich über dem Wasser praktisch dieselbe Sättigungskonzentration einstellen. Die umgangssprachlich gebräuchliche und wegen der Einfachheit auch in Fachkreisen weit verbreitete Ausdrucksweise, die Luft könne bei gegebener Temperatur maximal eine bestimmte Menge an Wasserdampf aufnehmen, ist irreführend. Die Luft nimmt die Feuchtigkeit nicht analog zu einem Schwamm auf, und auch der Begriff der Sättigung darf hier nicht analog zur Sättigung einer Lösung verstanden werden. Die Luft besteht aus selbstständig agierenden Gasteilchen, die im Wesentlichen nur über Stöße wechselwirken. Weder ist also Sauerstoff im Stickstoff, noch Wasserdampf in den anderen Luftbestandteilen gelöst. (Man stelle sich einen zur Hälfte mit Wasser gefüllten abgeschlossenes Behälter vor, in dem über der Wasseroberfläche ein Vakuum herrscht. Wird der Flüssigkeit kinetische Energie in Form von Wärme zugeführt, so können sich Teilchen mit genügend Energie von der Oberfläche löse (Verdunsten).) Die Sättigungskonzentration ist somit von der kinetischen Energie der Wasserteilchen abhängig.
Aus demselben Grund wird die Sättigungskonzentration nicht von der Temperatur der Luft bestimmt, sondern von der Temperatur der verdunstenden Oberfläche. Der Bezug auf die Temperatur der Luft ist in der Alltagspraxis oft gerechtfertigt, da verdunstende Flächen geringer thermischer Trägheit meist näherungsweise Lufttemperatur annehmen (z.B. an der Luft trocknende Wäsche). Ist jedoch die verdunstende Oberfläche deutlich wärmer als die Luft, so verdunsten die Wassermoleküle mit einer der Oberflächentemperatur entsprechenden Verdunstungsrate in die kühlere Luft hinein, auch wenn deren Sättigungskonzentration dabei überschritten wird. Ein Teil der Feuchte kondensiert dann in der Luft an den kühleren Aerosolen, welche Lufttemperatur angenommen haben, und wird als Dampf- oder Nebelschwaden sichtbar (z.B. Dunstschwaden über einem herbstlichen See). Ist die Oberfläche kühler als die Luft, so kann unter Umständen auch der Feuchtegehalt teilgesättigter Luft zu Übersättigung und Kondensation an der Oberfläche führen (z.B. beschlagene Fenster in Küche oder Bad).