Die Frage nach dem besten oder schlechtesten Spiel einer Reihe, deren Titel alle zu ganz unterschiedlichen Zeiten entstanden sind, ist sehr schwierig zu beantworten. Ich will deshalb die verschiedenen Civs nochmals der Reihe nach betrachten. Ich hoffe, ich bringe nichts dabei durcheinander:
CIV I - Der Meilenstein!
Natürlich: Würde man heutzutage alle Civ-Versionen nebeneinander legen und sie ohne Berücksichtigung des Erscheinungsdatums miteinander vergleichen, dann wäre Civ I wohl der Verlierer. Pixelige Grafik, weniger Features als die späteren Civs und ein Kampfsystem, das nicht so selten unrealistische Ergebnisse liefert! Aber ein solcher Vergleich ist unfair: Civ I hatte keinen echten Vorgänger, auf dem es aufbauen konnte, und mit dem damaligen Stand der Technik war ein Spiel, das optisch so schön ist wie die späteren Versionen schlicht nicht möglich. Und im Vergleich mit vielen anderen Spielen der damaligen Zeit bot Civ I einen ungeheuren Langzeitspielspaß, den es so noch nicht gegeben hatte. Ohne Civ I wären wohl auch die späteren Titel nicht so gut geworden. Ein solches Spiel kann nicht das Schlechteste sein!
CIV II - Verfeinerung und Perfektion!
Von allen Civ-Versionen hat aus meiner Sicht Civ II die größte Ähnlichkeit mit seinem Vorgänger. Aber Civ II hat eben überall dort Verbesserungen eingeführt, wo der Vorgänger noch Probleme hatte. Zum Beispiel beim Techbaum: Der hatte aus meiner Sicht in Civ I noch gewisse Schwächen. Rittertum war beispielsweise eine Sackgasse, die zu erforschen sich nicht gelohnt hat, weil Ritter nicht wirklich besser waren als Streitwägen und man dafür zwei (oder gar vier, wenn man Monarchie nicht wollte) Techs erforschen musste, die man ansonsten nicht brauchte. Lücken bei den Einheiten wurden aufgefüllt: Auf Ritter folgten nicht sofort Panzer, sondern erst Dragoner und Kavallerie. Die Regierungsformen waren besser ausbalanciert, es gab neue Gebäude wie Häfen, die einem erlaubten, auch das Meer besser zu nutzen. Man konnte auf unterschiedlich großen Karten spielen. All das machte Civ II zu einem rundum gelungenen Spiel, das ebenfalls nicht das Schlechteste sein kann.
CIV III - Neue Ideen, die reifen müssen!
Konnte man in Civ II noch damit punkten, den Vorgänger so weit wie möglich zu perfektionieren, so wählte man in Civ III einen anderen Ansatz. Die Spielregeln wurden stärker verändert als zuvor, und es wurden neue Konzepte eingeführt, die durchaus interessant waren, aber noch nicht perfekt umgesetzt waren. Vor allem fallen mir die Kulturgrenzen, die großen Persönlichkeiten und die neuen Siegvarianten ein. In den Vorgängeversionen spielte man doch eher einen Verbund von Stadtstaaten.
Auch wenn es in Civ II in gewisser Weise schon unsichtbare Grenzen gab (die Civs konnten einen auffordern zu verschwinden, wenn man sich zu nah an ihren Städten aufhielt), so hatte man doch erst in Civ III das Gefühl, eine richtige Nation zu spielen. Allerdings waren diese Kulturgrenzen nicht optimal umgesetzt.
Erstmals in Civ III traten außerdem die großen Persönlichkeiten auf: Wissenschaftliche und militärische Anführer. Allerdings war die Art und Weise, wie man diese Persönlichkeiten erhalten hat, zu stark vom Zufall bestimmt. Es konnte sein, dass man bereits nach wenigen Kämpfen einen militärischen Anführer bekommen hat (mit dem man dann die wichtige Verbotene Stadt oder auch einen sehr praktischen Truppenverband errichten konnte). Es konnte aber auch passieren, dass man nach sehr vielen siegreichen Kämpfen immer noch keinen hatte. Das hatte mitunter entscheidenden Einfluss auf das ganze Spiel. Hinzu kam, dass die KI mit den Truppenverbänden nicht gut umgehen konnte - weder mit denen des menschlichen Spielers noch mit eigenen.
Besser umgesetzt als in den Vorgängeversionen war meiner Ansicht nach der militärische Sieg. In Civ I und II hatte es doch am Schluss immer etwas genervt, wenn man als total überlegener Spieler immer noch die letzte KI-Stadt auf einer einsamen Insel suchen und erobern musste; in Civ III reichte es nun aus, einen bestimmten Anteil der Weltfläche und -bevölkerung zu beherrschen. Anders sag es allerdings beim neu eingeführten Diplomatiesieg aus: Im Prinzip reichte es nach der Gründung der Vereinten Nationen aus, dem Gegenkandidaten den Krieg zu erklären und die übrigen Zivilisationen mithineinzuziehen.
Erstmals wurden in Civ III auch wirklich Unterschiede zwischen den einzelnen Zivilisationen eingebaut: Unterschiedliche Spezialeinheiten und Ziveigenschaften sorgten dafür, dass die Spielerlebnisse mit den verschiedenen Zivilisationen ganz anders waren (gemeint sind nicht die unterschiedlichen KI-Charaktere, die gab es natürlich schon vorher): Für mich einer der größten Pluspunkte von Civ III.
Eher langweilig waren in Civ III hingegen die Barbaren - und die Abschaffung von Karawanen und Diplomaten dürfte auch manchen Spielern nicht gefallen haben. Außerdem wurden in Civ III die Stacks eingeführt. Man verlor nun nicht mehr alle Einheiten auf einem Feld, wenn ein Kampf verloren ging, sondern nur noch eine. Kulturelles Überlaufen von Städten war möglich (ja, ich weiß - in ganz seltenen Fällen ging das auch schon in Civ I).
Kurz: Civ III hat aus meiner Sicht mit am meisten im Vergleich zur Vorgängerversion geändert. Und das ist vermutlich ein Grund, warum es hier relativ schlecht abschneidet. Es kamen zwar gute neue Spielelemente hinzu - aber auch solche, die noch nicht ausgereift waren. Und andere Spielelemente, die bei einigen Spielern beliebt waren, wurden weggelassen.
CIV IV - Weniger Klein-klein, mehr Übersicht
In Civ IV hat man im Vergleich zu Civ III auf einige kleine Elemente verzichtet, die vor allem viel Arbeit gemacht haben. Für die Produktion von Einheiten hieß das: Produzierte eine Stadt in Civ I - III 13 Schilde und wollte man ein Bauprojekt fertigstellen, dass 40 Schilde benötigte, dann war es sinnvoll, durch eine Feldumbelegung auf ein Feld, das möglicherweise weniger Nahrung und Handel produzierte, aber eben ein Schild mehr, wenigstens in einer Runde 14 Schilde zu generieren und das Projekt so in 3 statt in 4 Runden abzuschließen. Produktionsüberschüsse wurden nämlich nicht in die nächste Runde übernommen, ebensowenig wie Nahrungsüberschüsse oder Forschungsüberschüsse. Aber ab Civ IV ging das, und so wurde dem Spieler hier einiges an Mikromanagement-Arbeit abgenommen. Zwar gab es auch hier einzelne Spieler, die das bedauert haben; aber ich glaube, die meisten waren doch ganz froh darüber, dass sie nicht mehr jede Runde zig Städte auf Produktion und Nahrung optimieren mussten.
Zu den großen Wissenschaftlern und Generälen kamen nun noch Große Künstler, Händler, Propheten, Ingenieure und Spione hinzu. Und ihr Erscheinen wurde viel weniger stark vom Zufall bestimmt, so dass man viel stärker auch auf solche große Persönlichkeiten hinarbeiten konnte.
Ein Unterschied zwischen Civ III und IV, der seltener thematisiert wurde, ist, dass Civ IV dem Spieler viel mehr Zahlen lieferte, mit denen er arbeiten konnte: Vor Kämpfen wurde die Siegwahrscheinlichkeit angezeigt. In einer eroberten Stadt wurde die Flipwahrscheinlichkeit angezeigt. Und wie sich die Haltung der KI-Gegner berechnet, wurde ebenfalls bis ins kleinste Detail aufgeschlüsselt. Für all das hatten Spieler in Civ III externe Tools entwickelt. In Civ IV war das bereits im Spiel eingebaut.
Die Einheitenstacks wurden beibehalten, aber nun konnte man die Einheiten auch alle gemeinsam bewegen. Verschmutzung sorgte nun für schlechteres Stadtwachstum und verseuchte nicht einzelne Felder, die man dann mühsam wieder in Ordnung bringen musste. Kurz: Civ IV brachte aus meiner Sicht weniger vollständig neue Konzepte als Civ III (vor allem fallen mir da der Regierungsbaukasten und das Religionssystem ein, das dann aber in Civ V erst noch stimmiger werden sollte), hat aber bestehende Konzepte optimiert und das Spiel in vielerlei Hinsicht komfortabler gemacht. Dementsprechend sehe ich auch Civ IV nicht als schlechtestes Spiel der Reihe.
CIV V - Hexfelder
Sie sind nun einmal das Merkmal, das in Civ V am ehesten auffällt. Die sechseckigen Felder, die von Civ V eingeführt wurden - in Civ I - IV hatte es noch quadratische Felder gegeben. Zweifellos lassen sich auf sechseckigen Feldern die Bewegungen etwas realistischer darstellen; das Problem der Diagonalbewegung auf quadratischen Feldern ist ja schon oft angesprochen worden. Für mein persönliches Spielgefühl war der Unterschied aber gar nicht so groß, aus meiner Sicht lassen sich auf beiden Arten von Feldern gute Spiele machen.
Ansonsten wurden einige weitere Änderungen eingeführt, die ich hier nur kurz anreißen werde: Das Regierungssystem wurde wieder geändert; in Civ V wurde es so geändert, dass man immer mehr Vorteile anhäuft, statt dass man wie in Civ IV im späteren Spielverlauf wieder auf manche Vorteile verzichten musste. Pro Feld war (von Ausnahmen abgesehen) nur noch eine Einheit erlaubt. Das Zufriedenheitssystem begrenzte erstmals wirklich wirkungsvoll die Anzahl der Städte, die man haben konnte (für mich vielleicht sogar die am stärksten spürbare Änderung). Und die Religionen wurden stärker unterschieden, ohne sie an reale Religionen anzulehnen (wenn sie auch so hießen, für mich die beste Änderung, auch wenn die KI-Missionare manchmal nerven).
Der direkte Vergleich zwischen Civ IV und Civ V fällt mir am schwersten, weil ich bei den meisten Unterschieden nicht klar sagen kann, was ich besser oder schlechter finde; vieles ist hier aus meiner Sicht eine Geschmacksfrage.
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Nun ist der Beitrag doch etwas lang geworden, dabei habe ich immer noch nichts zur Multiplayer, zur Grafik, zur Musik und zur Modbarkeit geschrieben - aber das zeigt letztlich nur, wie facettenreich die ganze Serie ist. Um zur Ausgangsfrage zurückzukommen: Von diesen fünf Civs, die ich kenne, tendiere ich vielleicht am ehesten zu Civ III - aber andererseits hatte ich gerade auch mit dieser Version jede Menge Spielspaß. Also... kann es eigentlich nur Civ VI sein.